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(Frei nach Peter Rosegger - aus seinem "Stoansteirisch" in heutige Umgangssprache übertragen).  

Da Schworzi Der Schwarze
 

In unsern Wirthshaus is danahst amol d Red gwen von Schworzn. Oba nit eppa von schworzn Kaffee, oder schworzn Burgunder, oder schworzboaßtn Tabak.

„s gibb zwischn Himel und Erdn ah noh ondri Schworzi, va den s ees enk in enka Schulweisheit nix trama loßts!” sogg da belesni Schuasta zan Schulmoasta.

„Wohr is s !” redt da Peda Reiterer, da Rachfonkkihrer(Rauchfankkehrer), drein. „Und do wissad ih a Stückl zan dazähln.”
„Nau, druck lousl” sogn die Ondern.

Hebb da Rachfonkkihrer on: Jessas na, wan ih af däs denk! Und der ormi Schneida! Da Schneida Hiasl z Leitnboch, der eh a wenk froasbassi (Anlage zu Fraisen oder Epilepsie) is und in sei Trinkwosser ollamol s Mariazella Beichtzedl einwoakt, wos gegn an Schrockn guat sei sul (es besteht der Glaube, daß Wasser, in welches ein Beichtzettel von Mariazell eingeweicht worden, gegen die Fraisen heilsam sei ), und eppa gor ah fürs schlechti Gwissn, wan da Mensch a wenk zviel Tuach stiehlt. Aba den ormen gschrecktn Schneida muaß a sou wos kema! Lochn und rehrn (weinen) möcht ih frei, wan ih dron denk. Oba gschobt hots n nix.

Hiaz, gwen is s a sou. In Foschn-Iata (Fasching-Dienstag), do hon ih a wenk zviel trunkn. Da Gsteggnwirth hot an hoassn Krotzer. Ban Hechbarn hon ih ehanter in Rachfonk ausputzt; wiar ih nochher üba b Hech übera geh, is mar a wenk kolt worn. Hau ma denkt, buxt a por Stamperler owi (trinkst mehrer Gläschen Schnaps rasch aus), daß da worm wird.
Bin in da Gach (in der Eile, jäh) a wenk zviel onkeman und wiar ih über s Grusnbarn Leitn owa geh, do hebbs mar on zan Schwummerln und wa mar um’s Schlofn gwen. Graw is s ah scha worn (Es begann auch schon zu dämmern). Hoam kim ih nit heint, hon ih ma denkt, denk ih ma, gehst zu da Grusnbarin zuwi und holtst as on um a Nochthiaba (Nachtherberge).

Is a guats Leutl, die Grusnbarin, kents as jo eh. Ziacht grod s neubochni Brot aussa von Oufn, endsgrossi Loab (sehr große Laibe ). Hot mar ah gleih oans ohzschneidn wölln gebn, a Brot.
Gelts Goud, sog ih, ka neubochns Brot iß ih nit, ober a Bett zan schlofn, wanst häst. D Händ schlogs üban Koupf zsom: Wia s dan dos ongang, daß s mar a Bett kunt gebn ! Is da .
Schneider in Haus, der braucht s Hondwerchabett; in Stoll wars z kolt und af da hortn Bonk wurd ih ah nit mögn liegn.

„Is s wou da well” (wo immer) sog ih, hon ih gsogg, „oder loßt mih eppa gor in Oufn einschliassn (hineinschlüpfen), do wars schön worm diner (drinnen) und schenirad neambb.” „Narasch”, sogg die Bäurin, „in Oufn eini willst? Jo wegn meina wul, kolt wird da do dina klewa, wan da nit z hirt (zu hart) wird?”
„Balei nit”, sog ih, „wan ma schlaferi is, is da Ziaglboudn a Fedabett.”

„Wohr is s”, moant die Bäuerin. Ih nit faul und schluif in mei Schlofkomer eini. Schön worm is s. A so an Baurn-Oufn kents eh? Zan Brotbochn und zan Korndirrn (dörren des Korns), und zan Stubnhoazn. A gonzi Famill hät Plotz diner.

Oba vadonkt finster is s. Nau, ih kruich schön weit hinteri, die Bäurin loant d Oufndeckn fürs Louch, und hiaz, Rachfonkkihrer, hiaz schlof dih aus.

Gschlofn hon ih die gonz Nocht wiar a Rotz (Ratte) und wurds as nit glabn, daß ih, da kuhlschworz Rachfontkihrer in kuhlschworzn, stockfinstern, ruaßign Oufn die längsti Zeit von ana schneeweißn Jungfrau trambb (geträumt) hon und wia s mih selber noh wundert, daß die trambb schneeweiß Jungfrau koan schworzn Fleck kriagg in mein Rachfonkkihrerschädl.
Do hebb mih gach wos on zan stickn, as wia wan ih in an Rachfonk oubn war und in Haus hoazadn s, daß mih da Rach selcht. Ih wir munter, gluaht roth um und um und hiaz nim ihs wohr, daß nebn mir a Hulzstoß brint.

Weil da Schneider in der Stubn gern worm hot, sa hot die Kuchldirn in ollafrüa in Oufn ghoazt, hot nit gschaut, daß 0ana dina is, hot Scheider (Scheiter) einglegg und nochzundn und hiaz, Schworza, hiaz host gleih dei Höll. — Rachfonkkihrer, denk ih ma, hon ih ma denkt, schau das da hiaz gleih a guata Gedonkn einfollt, wia st do aussi kimst — long host nit Zeit. Zan Oufnlouch? Do hät ih durchs Fegfeur müassn, dos geht nit. Du vahöllti Mettn, denk ih ma, dos is a schöner Aschlmitta (Aschermittwoch), der Oufn kon s Einaschln (eine katholische Aschermittwoch-Zeremonie, bei welcher der Priester die Stirne der Gläubigen mit Asche einreibt) bessa wia da Pforer in da Kirchn! —

Daweil stemen sih scha d Händ und Füaß, wiar o Bouck mitn Koupf, a sou steß ih gegn d Wond, und bumsdi is durch die Kachln a Louch aussi in d Stubn. Ih nit faul, na gwschind aussi — do siach ihs, wia da Schneida Hiasl, der ban Tisch huck, mit an schreckborn Schroach (Schrei) aufspringg und ba da Thür aussi, daß er sih völli dasteßt.

„Schneida!” schrei ih n noch, - Hiasl ! Wos host dan? Ih bins, ih da Rachfonkkihrerl” Hot nix meh ghört, damascht (taumelt) übern Houf umi und obi üba d Wiesn, daß s nar 0lls schlenert. (Aus­druck, wenn Fetzen fliegen oder Flüssiges auseinanderspritzt).

Sa long is er glaffn, da Nor, bis er bled (ohnmächttg) wird und zsomfollt. D Leut sein an noch, hobn an globb (gelabt). Wiar er zan eahm selba kimbb, hebb er on zan fiepern (beben, fiebern) mitn gonzn Bidlin (Körper) wiar a Lämpaschwonz, hobb seini Händ vors Gsicht und jamert: „Ih siachn, ih siachn! Gebs mar an Weichbrun (Weihwasser), meini liabn Leut, ih siachn! — Ih gibs jo zrugg!” redt er weita wia trobweis (im Delirium), „an iads Fleckl gib ih zrugg, däs ih gstuhln hon, bis afn leßtn Fodn gib ihs zrugg, nur däsmol sul er mih nouh vaschonen um Gouds- Himelswilln!”

Wos er dan moant? wird er gfrogg.

„A sou is s”, redt da Schneider ollaweil noh her nochanonder und hobb d Händ zsom, „a sou is s, wan da Mensch in heilign Aschlmitta nit in die Kirchn geht! Wiar ouft hot ma mei Beichvoda grothn, ih sult ma s Stehln ohgwöhna. Da Schworzi war ollaweil af da Paß ! — Grod hon ih denkt ghobb drauf, do mochts an Pumpera ban Oufn, die grean Kachln springen ausanond, da Rach nebelt außer und — Jessas und Jousef! — a kuhlschworza Schädl! Do is er! Mit ollhier (mit aller Wesenheit) is er do — da Schworzi...! o mei Seel, mei ormi Seel... !

Long hots braucht, bis ma n af gleich brocht hobn.

„An Soafd (eine Seife), Bäurin, an Soafd!” schrei ih und hon mih vo sein Augnan gwoschn, daß ers gsechn hot, wiar aus n Tuifel noch und noch da Peda Reiterer is worn.

Hiaz in Peda Reiterer hot er freilih guat kent, hot sih noch und noch tröst’t. Ober der Schrockn hot holt douh gnutzt und va den Tog on hot da Schneida Hiasl nit a Fleckl meh gstuhln. Ih hon an bekehrt, ih. Und schauts, a sou muaß da Mensch a Tuifel wern, won er a guats Werk will varichtn.

 

In unserem Wirtshaus kam einst die Rede auf den Schwarzen.
Aber nicht auf den schwarzen Kaffee, oder den schwarzen Burgunder, oder auf einen geschwärzten (geschmugelten) Tabak.

„Es gibt zwischen Himmel und Erde auch noch andere Schwarze,
von denen ihr mit eurer Schulweisheit nicht einmal träumt“ sagt der belesene Schuster zum Schulmeister.

„Wahr ist es!“ redet der Peter Reiterer, der Rauchfangkehrer, dazwischen, und davon wüßte ich auch ein Stückel zu erzählen.

„Erzähl endlich“ rufen die Anderen.

Fangt der Rauchfangkehrer an: Jesus - na, wenn ich an das denke! Und der arme Schneider! Der Schneider Hiasl (Matthias) aus Leitenbach, der sowieso ein wenig zu Fraisen (Epilepsi) veranlagt ist, und in seinem Trinkwasser allemal einen Mariazeller- Beichtzettel einweicht, was dagegen gut sein soll (es bestand der Glaube, daß Wasser, in welchem ein Beichtzettel von Mariazell eingeweicht war, gegen die Fraisen heilsam sei), und gar auch gegen ein schlechtes Gewissen, wenn ein Mensch ein wenig zuviel Tuch stiehlt. Aber gerade auf den armen geschreckten Schneider mußte so etwas zukommen.
Lachen und weinen möchte ich, wenn ich daran denke. Aber geschadet hat es ihm nicht.

Also, gewesen ist es so. Am Fasching Dienstag, da habe ich ein wenig zuviel getrunken. Der G'stettenwirt hat einen gar heißen Kratzer. Vorher hab' ich beim Höchbauern den Rauchfang ausgeputzt, und wie ich nachher über die Höh' herüber geh', ist es mir ein wenig kalt geworden. Da hab' ich mir gedacht, trinkst rasch einige Stamperl (Gläschen) Schnaps, damit es mir warm wird. Hab' wohl in der Eile ein wenig zuviel getrunken, und wie ich über die Grusenbauer- Leiten heruntergehe, schwindelt es mir und ich werde schläfrig. Grau ist es auch schon geworden (Abenddämmerung) , bis nach Hause komme ich heute nicht mehr dachte ich mir, geh'st hin zur Grusenbäuerin, und haltest um eine Nachtherberge an.

Ist ein guter Mensch, eine gute Bäuerin, ihr kennt sie ja. Zieht gerade das neugebackene Brot aus dem Ofen, ganz große Laibe. Hat mir auch gleich einen davon zum anschneiden geben wollen. „Vergelte es Gott“ sage ich, ein neugebackenes Brot will ich nicht, aber ein Bett zum Schlafen, wenn du eines für mich hättest. Die Hände schlägt sie über dem Kopf zusammen, wie sie es angehen könnte, daß sie mir ein Bett geben könnte. Ist der Schneider im Haus, der braucht das Handwerkerbett, im Stall ist es zu kalt, und auf der harten Bank würde ich auch nicht liegen mögen.

„Ist es wo auch immer“ sage ich, „oder laß mich eben in den Ofen kriechen“, da wäre es schön warm drinnen, und es geniert niemand“.

„Bist närrisch“, sagt die Bäuerin, „in den Ofen willst du hinein? Ja von mir aus ja, kalt wird es dir da drinnen nicht, falls es dir nicht zu hart wird?“
„Beileibe nicht“, sag' ich, „wenn man schläfrig ist, ist der Ziegelboden ein Federbett.“

„Wahr ist es“, meint die Bäuerin. Ich war nicht faul und krieche in meine Schlafkammer hinein. Schön warm ist es. Einen solchen Bauernofen kennt ihr? Er ist zum Brot backen und zum Korn dürren, und zum Stuben heizen. Eine ganze Familie hätte darin Platz.

Aber verdammt finster ist er. Nun, ich kriech' schön weit nach hinten, die Bäuerin lehnt den Ofendeckel vor das Loch, und jetzt, Rauchfangkehrer, jetzt schlaf dich aus.

Geschlafen habe ich die ganze Nacht wie eine Ratte, und ihr werdet es mir nicht glauben, daß ich, der kohlschwarze Rauchfangkehrer im kohlschwarzem Ofen die längste Zeit von einer schneeweißen Jungfrau geträumt habe, und wie ich mich selbst noch wundere, daß die schneeweiße Jungfrau keinen schwarzen Fleck bekommt in meinem Rauchfangkehrerschädl, da beginnt mich etwas zu sticken, wie wenn ich am Rauchfang oben wäre, und im Haus heizen sie, so daß mich der Rauch selcht. Ich werde munter, rot glüht es rings um mich, und nun merke ich, daß neben mir ein Holzstoß brennt.

Weil es der Schneider in der Stube gern warm hat, so hat die Küchenmagd in aller früh den Ofen eingeheizt, hat nicht gesehen, daß da einer drinnen ist, hat Scheiter eingelegt und angezündet, und jetzt, Schwarzer, jetzt hast du gleich selbst deine Höll'. - Rauchfangkehrer, dachte ich mir, habe ich mir gedacht, schau das dir jetzt gleich ein guter Gedanke einfällt, wie du da hinaus kommst - lange hast du dazu nicht Zeit. Durch's Ofenloch? Da hätte ich durch's Fegefeuer müssen, das geht nicht. Du verhöllte Metten, denke ich mir, das ist ein schöner Aschermittwoch, der Ofen kann das Einaschen (eine katholische Aschermittwoch- Zeremonie, bei welcher der Priester die Stirn der Gläubigen mit Asche bekreuzigt) besser wie der Pfarrer in der Kirche! -

Inzwischen stemmen sich schon meine Hände und die Füße, wie ein Bock mit dem Kopf, gerade so stoße ich gegen die Wand, und bumsti ist durch die Kacheln ein Loch hinaus in die Stube. Ich nicht faul, nur geschwind hinaus - da seh' ich, wie der Schneider Hiasl, der beim Tisch sitzt, mit einen schrecklichen Schrei auf und zur Tür hinaus springt, daß er sich beinahe überschlägt.

„Schneider“ schrei ich ihm nach, - Hiasl! Was hast du den? „Ich bin es der Rauchfangkehrer“ Er hat nichts mehr gehört, taumelt über den Hof hinüber und hinunter über die Wiesen, als ob die wilde Jagd hinter ihm her wäre.

So lange ist er gelaufen, der Narr, bis er ohnmächtig wurde und hinfällt. Die Leute sind ihm nach, und haben ihn gelabt. Wie er zu sich kommt, fängt er an zu fiebern und am ganzen Körper zu beben, wie ein Lämmerschwanz, hält seine Hände vor das Gesicht und jammert: „Ich seh' ihn, ich seh' ihn!

Gebt mir ein Weihwasser, meine lieben Leute, ich seh' ihn! - Ich gebe es ja zurück!“ redet er weiter wie im Delirium, „ein jedes Fleckerl geb ich zurück, das ich gestohlen habe, bis auf den letzten Faden geb' ich es zurück, nur diesmal soll er mich noch verschonen um Gottes- und Himmelswillen!“

Was er damit meint? wird er gefragt.

„Ach so ist es“, redet der Schneider immer weiter und hält die Hände zusammen, „ja so ist es, wenn der Mensch am heiligen Aschermittwoch nicht in die Kirche geht! Wie oft hat mir mein Beichtvater geraten, ich soll mir das Stehlen abgewöhnen. Der Schwarze wäre immer auf der Lauer! - Gerade habe ich daran gedacht, da macht es einen Pumpera beim Ofen, die grünen Kacheln springen auseinander, der Rauch nebelt heraus und - Jesus und Josef! - ein kohlschwarzer Schädl! Da ist er! Und da steht er jetzt vor mir! Ganz leibhaftig ist er da - der Schwarze...! o meine Seele, meine arme Seele...!“

Lang hat es gebraucht, bis wir ihn beruhigen konnten.

„Eine Seife, Bäuerin, einen Seife“ schrei ich und habe mich vor seinen Augen gewaschen, damit er gesehen hat, wie aus dem Teufel nach und nach der Peter Reiterer geworden ist.

Jetzt, den Peter Reiterer den hat er freilich gut gekannt, hat sich so nach und nach getröstet. Aber der Schrecken hat halt doch genützt, und von dem Tag an hat der Schneider Hiasl nicht ein Fleckerl mehr gestohlen. Ich habe ihn bekehrt, ich. Und schaut, so muß der Mensch ein Teufel werden, wenn er ein gutes Werk verrichten will.