Da Ruß. | Der Ruße. |
A gfongana Ruß, a großmächtana Monn, ban Zenz in da Wiel* kriagg an wehtandn Zohn: und er jammat und haust, und da Dokta so weit, und die Oabat so gnedi und koans hot just Zeit, daß dan obi kunnt füahrn bis auf Eibiswold nein- wal alloa derft a net, muaß a Wochta mit sein. Zlest denkt si die Bäurin, i kunnt's jo probiern, sull mei Hiaserl den Rußn zan Zähntreißn füahrn. (Dos is ihr jüngsts Büabl, grod sechsjahri heut, roatgwanglt, kloawunzi, oba witzi und gscheit!) Und sie ruaft n vun Schoufholtn hoam vun da Holt: ,,Steck die Schuach an, muaßt obi zan Dokta z Eibiswold! Und i liaß n schöa grüaßn und i bitt'n holt recht, ob da denn unsan Rußn net zähntreißn möcht. Und nimmst's Rucksackl mit, bringst vun Kromar an Tee und a schmiedani Sterzpfonn und an Packlkaffee und um drei Kreiza Zwirn und um zwöIf Kreiza Zimbt und frogst eini ban Firba, wo da Blaudruck bold kimmbt." Af Eibiswold braucht ma vier Stund. Jo und durt sogg die Köchin vun Dokta: "Scha, grod is a furt !" Schofft da Hiaserl in Rußn : "Do setz di hiaz nein ins Vorhaus und woartast, i kaf daweil ein!" Und da Ruß sitzt scha do und sogt ,,dobre" und locht, und daweil hot da Hiaserl seine Weg olli gmocht. Wia s firti san, gengan s mitnonda schön stad wieda hoamzu. Do hebb's on zan schneibn und waaht, daß ma völli die Hond vor die Augn neama siacht. Und da Hiaserl wird müad, wal da Rucksack so ziacht. Den nimmb da Ruß üba. Und s schneibb wia net gscheit, und longsom wird's finsta und da Weg noch so weit! Da Hiaserl muaß olli Biat rastn in Schnee, möcht am liabstn gern schlofn und die Füaß tant eahm weh. Do nimmb da Ruß s Büaberl gonz still aufn Oarm, hüllt n Montl guat üba und trogg n schön woarm üban Boch, durch n Wold, der mit Blochhulz varramt, und da Wochta hot gschlofn und wunnaschön tramt von da Regerl ihr Goas und vun Christkindlbam und wann wul da Vota vun Kriag wieda kam; und gspürt's net, wann da Ruß eahm oft hoamli hot druckt, und wird richti erst munta, wia's Torgatta zuckt. Durt stellt er n schöa gschmeidi af d Füaß vorn Haus (denn wia schauat da Hiaserl ols Wochta sist aus !). Und si löffln a Suppn und die Muatta woar froh, und da Ruß krallt gemüatli in Stodl intas Stroh, und is bacherlwoarm glegn, dawal da Schneewind hersolzt, ---- und hot tramt, doß sei Büaberl in Rußland eahm holst. |
Ein gefangener Ruße, ein großmächtiger Mann, beim Zenz (Vinzenz) in der Wiel* bekommt einen wehtuenden (schmerzenden) Zahn: und er jammert und haust (lärmt und rumort), und der Doktor so weit, und die Arbeit so gnädig (gnadenbringend - im erweitertem Sinn - dringend notwendig) und keiner (niemand) hat (justament) gerade Zeit, daß dan = (daß man ihn dann) hinunter könnte führen bis auf (nach) Eibiswald hinein- weil allein darf er nicht (gehen), es muß ein Wächter mit sein. Zuletzt (am Ende) denkt sich die Bäurin, ich könnte es ja probieren, es soll mein Hiaserl (Koseform von Hias, das ist die österr. Form von Hiesel als Kurzform von Mathias) den Rußen zum Zähnereißen führen. (Daß ist ihr jüngstes Büblein [Sohn], gerade sechsjährig heute), mit roten Wangen, kleinwinzig, aber gescheit!). Und sie ruft ihn vom Schafe weiden heim (nach Hause) von der Halte (Weide): Stecke (ziehe) die Schuhe an, du mußt hinunter zum Doktor zu (nach) Eibiswald! Und ich lasse ihn schön grüßen und ich bitte ihn halt recht, ob er nicht unserem Russen nicht die Zähne reißen möchte. Und nimmst das Rucksäckchen mit, bringst vom Krämer (Kaufmann) einen Tee, und eine schmiedeeisere Sterzpfanne und einen Kaffe *abgepackt in einem Paket* ( Kathreiner) und um drei Kreuzer Zwirn und um zwölf Kreuzer Zimt und frägst hinein beim Färber, ob der Blaudruck * blau bedruckter Schürzenstoff* bald kommt (einlangt)." Auf (nach) Eibiswald braucht man vier Stunden (Zeit zum gehen). Ja und dort sagt die Köchin vom Doktor: "schau gerade ist er fort (gegangen)!" Schafft (befiehlt) der Hiaserl den Rußen: "Da setze dich hinein in das Vorhaus und wartest, ich kaufe derweilen (inzwischen) ein!" Und der Ruße sitzt schon da und sagt "dobre" (gut) und lacht, und derweilen hat der Hiaserl seine Wege alle gemacht. Wie sie fertig sind, gehen sie miteinander schön gestad (leise, ruhig, still) wieder heimatzu. Da beginnt es zum schneien und wehen, daß man die Hand vor den Augen nicht mehr sieht. Und der Hiaserl wird müde, weil der Rucksack so zieht. Diesen nimmt der Ruße über. Und es schneit wie nicht gescheit, und langsam wird es finster und der Weg noch so weit! Der Hiaserl muß alle Weilchen rasten im Schnee, möchte am liebsten schlafen und die Füße taten ihm weh. Da nimmt der Ruße das Büberl ganz still auf den Arm, hüllt den Mantel gut darüber und trägt ihn schön warm über den Bach, durch den Wald, der mit Blochholz (Holzstämme) verräumt (versperrt), und der Wächter hat geschlafen und wunderschön geträumt von der Regina ihrer Geis und vom Christkindlbaum (Christbaum = Weihnachtsbaum) und wann wohl der Vater vom Krieg wieder kommt; und spürte es nicht, wenn der Ruße ihn oft heimlich drückt, und wird richtig erst munter, wie das Torgatter (die Zauntür) zuckt. Dort stellt er ihn schön geschmeidig (vorsichtig) auf die Füße vor dem Haus (denn wie schaut den der Hiaserl als Wächter sonst aus!) Und sie löffeln eine Suppe und die Mutter war froh, und der Ruße krallt (hier kraxelt, klettert oder rutscht) gemütlich im Stadl in das Stroh, und ist bacherlwarm (warm wie das Bachwasser im Sommer) gelegen, derweilen der Schneewind hersalzt (hersäht)----- und hat geträumt, daß sein Büberl in Rußland ihn umhalst (liebkost). |
Von Hans Klöpfer.
* Wiel = Gemeinde am Ostfuße der Koralpe zwischen Schwanberg und Eibiswald in der Steiermark.
"Da gfongane Russ" von
Carl Hermann (1918 in Wies geboren , 1986 in Gmünd
verstorben) Der Künstler interpretierte damit diese schöne menschliche Tat.
Die Statue steht in St.Katherin in der Wiel.