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Abzählreime aus der Steiermark.

Nach Gregor Schmutz. (Erstmals veröffentlicht 1928)

Möchten die folgenden Abzählreime, zu eifriger Aussprache anregen und die Kinder veranlassen zu rufen: "Diesen Reim kann ich. Dieser ist ganz neu, er gefällt mir gut." Möchten die Reime den Erwachsenen im Geiste in ihre eigene Jugendzeit zurückversetzen und sie sagen lassen: "Auch wir haben als Kinder beim Spielen abgezählt, und zwar so und so."

Was Ab- oder Auszählreime sind, warum und wie sie verwendet werden, weiß wohl jeder/e. Hier sei eine Reihe solcher in der Steiermark gebräuchlicher Reime mitgeteilt und gleichzeitig bemerkt, daß sie in vielen Abarten vorkommen.

Der einfachste Abzählreim ist wohl folgender:

Eins, zwei, drei, du bist frei.

Er wird selten allein gebraucht, sondern zumeist an andere Reime angehängt, z.B.:

Ich heiß' Peter, du heißt Paul,
Ich bin fleißig, du bist faul.
1, 2, 3, du bist frei.

Du und ich, ich und du,
Kauf die Kuh! 1, 2, 3 usw.
Ich und du, Müllers Kuh
Und Bäckers Stier
Sin unser vier. 1, 2, 3 ...

Hiasl, Hansl, Hosensäckl,
Gib dem Michl auch ein Bröckl! 1, 2, 3 ...
Matzl, Katzl, gib mir's Pratzl!
Stutzl, Wutzl, hast ein' Zuzl! 1, 2, 3 ...
Inische, anische, bockische, spanische,
Fünfi Reh, sechsi Klee. 1, 2, 3 ...

Wicke, wecke, wo,
In mein Hand sitzt ein Floh. 1, 2, 3 ...
Pandur ich, Rauber du,
Laufst in Wald, spielst Gugu.
Spring' dir nach und will dich fangen,
Daß man kann den Rauber hangen. 1, 2, 3 ...

Ani, tani, Türkenpani,
Hast du g'sen den Franzipani?
Siehst ihn nicht, so schrei: Ei, ei!
1, 2, 3 und du bist frei.

Es wäre wissenswert, ob der im Jahre 1898 in Allerheiligen bei Wildon aufgezeichnete Reim sich auf das Türkenjahr 1532 bezieht, und wie ein weiter unten angeführter Reim auf das Franzosenjahr 1812, und besonders, wo er heute noch bekannt ist.

Enne, penne Doppelband (oder dike de),
Fahren wir nach Engelland (Ninive),
Engelland (Ninive) ist zugeschlossen
Und der Schlüssel abgebrochen. 1, 2, 3 ...

Diesen Reim und seine Abarten findet man in ganz Deutschland, in der Schweiz, auch in der Bukowina.

Lieb ist er, wie er in der Schwäbischen Türkei, das ist an der Draumündung, gesprochen wird:

Engeli, Bengeli, Zuckerstengili.
Fahren wir auf Engulein
Grad hinauf ins Himmulein.
Himmulein ist zugeschlossen,
Goldner Schlüssel abgebrochen.

Zim, zam, zum,
Mimili, mamili, mum,
Du gehst 'rum.

Ene, bene Tintenfaß,
Geh in d' Schul' und lerne was.
Wenn du was gelernet hast,
Kommst nach Haus und sagst mir was.
Kannst du nix,
Kriegst den Buckel voller Wichs. 1, 2, 3 ...

Dieser sehr verbreitete Reim wurde im Jahre 1857 in der Schweiz so gesprochen:

Änige, bänige, Tintenfaß,
Gang i d' Schuel und lern was.
Chunst mer hei und chanst es nit,
Nimm e d Ruten und sitz de mit.
Chunst mer hei und chanst no nix,
Kriegst du uf de Buggel Wix.

In dem Garten ist ein Baum.
Auf dem Baum ist ein Ast.
Auf dem Baum ist ein Nest.
In dem Nest ist ein Ei.
In dem Ei ist eine Uhr.
Die Uhr schlägt: 1, 2, 3,
Also bist du frei.

Vater, Mutter kaufen Birn',
Fallen unterwegs aufs Hirn.
Schütten alle Birn' dann aus.
1, 2, 3, du bist draus.

Die Mutter backt Krapfen,
Sie backt sie schön braun,
Sie sperrt sie in Kasten
Und laßt mich net schaun.
1, 2, 3, 4. Auf mit dr Tür!
1, 2, 3, 4. Der letzt' Krapfen,
Der gehört mir.

Sind die schwarzen Käfer da?
Nein, nein.
Dreimal muß ich ummaschieren,
Das vierte Mal den Kopf verlieren.
Das fünfte Mal gehst mit.
Viel Hafer dem Rappen,
Da mag er dran schnappen,
Da kann er dann liegen.
Vier, fünf, sechs, sieben.

Der Hansl ist in den Garten gangen,
Wie viel Spatzen (Vögel) hat er g'fangen?
1, 2, 3. Du bist frei.
4, 5, 6. Du g'hörst weg.
7, 8, 9. Du mußt`s sein.

Andere Abzählreime haben die Zahlen als Einleiteworte, so folgende:

Eins, zwei, drei.
Auf der Straße liegt ein Ei.
Wer drauf tritt,
Darf nicht mit.

1, 2, 3. Dem Schimmel ein Heu.
Dem Braunen ein' Klee
Und du must weg.

1, 2, 3. Pika, poka, pei.
Pika, poka, Haberstock,
Du mußt weg vom Schock.

1, 2, 3. Pigapogapei,
Pigapoga Besenstiel.
Und der letzte hat das Spiel.
Witz, wutz, außigstutzt.

1, 2, 3. Geh nur schnell.
Zu der Mutter um ein Mehl!
4, 5, 6. Du bleibst da
Und fangst uns ab.

1, 2, 3. Bei der Polizei.
Ist ein kleines Kind geboren.
Wie soll es heißen?
Katharina Rumpeltaschen.
Morgen geht's ans Windelwaschen,
Windel, Windelwaschen.
Wer wird die Widel waschen?
Ich oder du? Müllers Kuh?
Müllers Esel der bist du.

1, 2, 3. Pika, poka, pei.
Pika, poka Besenstiel,
Sitzt a Mandl auf der Mühl.
Hat ein staubiges (gstaberts, scheckats, streawas, steirisch) Hüatl auf,
Umundum voll Federn drauf.

1, 2, 3. Pika, poka, pei.
Pika, poka Hämmerlein,
Rennt der Müller aus und ein,
Hat ein staubighes Hüatel auf,
Steht Nummer 32 daruf.

Zu diesen Reimen, die sehr alt sein sollen, sei zum Vergleiche der Wortlaut im Gottscheerland angeführt:

Pika, paka, Hamerle,
Der Milar geat ins Kamerle,
Hot a baises (weißes) Hietele auf,
Wir-unt-zbonzig (24) steant do drauf
(Oder: Sheksch-und-draisik [36] Wegelein [Vögelein] drauf)
(Oder: Unt a galai [gelbe) Wedr [Feder] drauf).

1, 2, 3. Piga, poga, pei,
Piga, poga, Haberturn,
Zehni Kinder sein geborn.
Liegt der Fisch auf dem Tisch,
Kimmt die Katz und frißt den Fisch
Kimmt der Kellner mit der Tasch'n,
Gibt der Katz eine bravi Flasch'n
(Odert: Kimmt der Weber mit der Lasch'n
Und gibt der Katz eine feste Tasch'n).

Schon im Jahre 1808 wurde dieser Reim in "Des Knaben Wunderhorn" mit folgenden Worten aufgezeichnet:

In der Dechanei steht ein Teller auf dem Tisch,
Kommt die Katz und holt den Fisch.
Kommt der Jäger mit der Gabel,
Sticht die Katze in den Nabel.
Schreit die Katz: "Miaun, miaun,
Will's gewiß nicht wieder taun."

 1, 2, 3, 4. Du bist zaundürr.

1, 2, 3, 4. In dem Klavier
Ist ein Ding,
Das macht kling, kling.

1, 2, 3, 4. Auf dem Klavier
Spielt eine Maus,
Und du bist draus.

1, 2, 3, 4, 5. Kauf' mir ein paar Strümpf'!
Kauf' mir ein paar Schuh'!
Sonst bist's du.

Sehr beliebt ist dieser Reim:

1, 2, 3, 4, 5. Kauf' (Strick') mir ein paar Strümpf',
Nicht zu groß und nicht zu klein,
Sonst mußt du der Fangmann sein.

1, 2, 3, 4, 5, 6. Auf dem Buch ein Klecks,
Auf der Tafel eine Maus,
Und du bist draus.

1, 2, 3, 4, 5, 6. Jetzt kommt die alte Hex.
Laßt die alte Hex in Ruh,
Draußt bist du
(Oder: Laß die alte Hex in Stich,
Sonst fängt sie dich!).

Nachstehender Reim ist in vielen Abarten überaus verbreitet:

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Eine alte Frau kocht Rüben,
Eine alte Frau kocht Speck,
Eins von uns muß weg.

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Auf der Sraße Nummer sieben
Steht ein altes Bauernhaus.
Wickl, wackl, du bist draus.

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Wo ist der Hans geblieben?
Dort sitzt er auf dem Dach
Und jagt den Spatzen nach.

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Gott hat mir drei Brief' geschrieben.
Einen für mich, einen für dich,
Einen für Bruder Fangemich.

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Alte Hex wo gehst du hin?
In die Stadt, in die Stadt um Salat,
Daß ich was zu fressen hab'!

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Jakob liegt im Wasser drin.
Liegt er drin, ist er hin.
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Fahr'n wir mit der Dampfmaschin.
Dampfmaschin is brochen,
Fahr'n wir nächste Wochen.
Nächste Wochen ist's schon z'spät.
Sagt der Vater: Marsch ins Bett!

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8.
Die Stiege kracht,
Das Haus fällt ein.
Du mußt es sein.

1, 2, Polizei.
3, 4, Grenadier.
5, 6, böse Hex.
7, 8, Gute Nacht.
9, 10, Schlafen gehn.
11, 12, sonst kommen d'Wölf.

1, 2, 3, ... 12.
Jetzt kommt ein Rudel Wölf'.
Alles läuft davon,
Denn einer schnappt uns schon.

Viele Lesearten haben folgende Abzählreime:

1, 2, 3 ... 13.
Hole Weizen, hole Korn,
Bleibe hinten oder vorn.

1, 2, 3 ... 13.
Fahren wir nach Waitzen.
Fahren wir nach Polen.
Dort soll dich der Kuckuck holen.

Ende 1812 mußte Napoleon mit seinen Soldaten aus dem brennenden Moskau fliehen. Dieses geschichtliche Ereignis ist im nachstehende Reime, allerdings verstümmelt (Danzig anstatt Moskau), bis heute erhalten geblieben.

1, 2, 3, ... 20.
Die Franzosen kamen nach Danzig.
Danzig fing an zu brennen,
Die Franzosen fingen an zu rennen,
Ohne Strümpf' und ohne Schuh'
Liefen sie nach Frankreich zu.

In Deutschland hat man auch diesen Reim:

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7.
Wo sind die Franzosen blieben?
In Moskau und im tiefen Schnee,
Da schrien alle: "O weh, o weh!"

Und in Graz wurde folgender Reim gehört:

Die Nasen verbrennt und die Zehen verfrört,
Gelt, Bonapartl, da hast du g'röhrt.

Viele Abzählreime werden auch ohne Zahlenreime gesprochen. Manche derselben sind Bruchstücke einzelner Gedichte, ja sogar ein Kunterbunt von Gedichten:

Ist die Schule aus,
So ziehen wir hinaus,
Fallen über Stock und Stein,
Du mußt es sein.

Komm, wir wollen wetten
Um drei goldne Ketten,
Um ein Gläschen Wein.
Und du mußt es sein.

Das ist mein Apfel,
Das ist meine Birn.
Und wenn du mich fangen willst,
Mußt dich halt rühr'n.

Ein und aus, aus und ein.
Und du must es sein.

Ene, dene, Spitzmaus.
Lief in das Rathaus.
Wollte sich was kaufen,
Hatte sich verlaufen,
Bim, bam, bum.
Und du bist draus.

Diesel, dusel, dasel Tag,
Soll mich fangen wer da mag.
Diesel, dusel, dasel, Täg.
Du gehst hiaz weg.

Beim Angeln, beim Fischen,
Wer wird mich erwischen?
Beim Ringen, beim Springen,
Wem wird es gelingen?
Beim Sigel, beim Sagel,
Du gehst hiaz weg.
Du bist mein Mann.

Pimers, pamers, schlag mi net.
Kraut und Rüben mag i net.
Bratne Fischerl aß i gern.
I trau mi net zu meinem Herrn.

Ziserl, was Zeiserl,
Was tust in mein Häuserl?
Nuß, butz, außigstutzt bist du.

Um und um Wägl,
Im Summer flieg'n d' Vögel.
Die Vögel fliegn im Summa,
Der Bauer geht uma.
Uma geht der Bauer,
Die Milli wird sauer.
Sauer wird die Milli,
Die Katz frißt immer viel.
Viel frißt immer die Katz,
Scher' dich außi, schiacher Fratz.

Ringa, ringa, Reihe,
Sein ma unsre dreie,
Sitz ma auf dem Hollerbaum,
Ess' ma lauter Milch und Rahm.
Gehn ma schaun, wo d' Mutter kimmt.
Mutter kimmt nix.
Kimmt der schwarze Widder,
stößt uns alle nieder.
Kimmt die weiße Fldermaus,
Hebt uns alle auf.

Schuster Peter, flick ma oan Schuah,
's Leder gib i selbst dazua.
Ist kein Schuster in der Stadt,
Der a solches Leder hat.
Unser Dirn ist schriftgelehrt,
Weiß nicht wem das Leder g'hört.
G'hört nöt dem, g'hört nöt mein,
Müssen alle beieinander sein.

Rote Kirschen ess' ich gern,
Schwarze noch viel lieber.
In die Schule geh ich gern
Alle Jahre wieder.

Hier Platz gemacht für die jungen Damen.
Saß ein Kuckuck auf dem Dach,
Wurde von dem Regen naß;
Kommt der liebe Sonnenschein.
Diese , diese soll es sein.

Scherenschleifer, Scherenschleifer ist die beste Kunst.
Zur rechten Hand, zur linken Hand,
Da nimm sie, da hab' sie,
Da nimm sie alle zwei!

Kuckucksknecht, sag' mir recht,
Wie viel Jahr ich leben soll!
Betrüg mich nicht, belüg mich nicht,
Sonst bist der rechte Kuckuck nicht!

Ri ra rutsch, wir fahren mit der Kutsch,
Wir fahren mit der Schneckenpost,
Was uns nur ein' Groschen kost'
Ri ra rutsch, wir fahren mit der Kutsch.

Edi, wedi, Fingerhut.
Stirbt der Bauer, ist's nit gut.
Stirbt die Bäurin auch zugleich,
Gehn die Engerl mit der Leich.

Dein Vater und Mutter
Sind kreuzbrave Leut'
Sie flicken dein' Hosen
Mit Erdäpfelhäut'.

Mein Vater ist ein Radlmacher.
Wieviel Radl macht der Vater
In einem Tag? Rat! Sag's!

Hintan Häufel Holz
Huckt a Mandl stolz. Rat!

Bauer, häng' dein Pudel an,
Daß er mich nicht beißen kann!
Beißt er mich, klag ich dich,
Tausend Taler kostet's dich.

Die Lautspielerei tritt besonders in den folgenden Reimen, denen man keinen Sinn mehr unterlegen kann, in Erscheinung.

Asl, wasl, Thomas, Glasl,
Wix, wux, außigstutzt.

Ene, bene, dunke, munke,
Abe, schnabe, dicke, dacke,
Ulle, bulle, Reiter, Roß.
Du bist jetzt los.

Ene, bene, subtrahe,
Divi, davi, domine,
Egger, bregger, Kaufmann Egger,
Zing, zang, zu, draußt bist du.

Ini, ani, türkitani,
Si, wie, kompani,
Pfefferacker, tiki, taker.
Hei, wie, wum. Du bist dumm.

Angerle, Wangerle, Zickerle bu.
Trackerle, Wackerle. Außi mußt du.

Ini, ani o, kapitani do,
Zitrawelle, zitrawelle,
Trink, trank, tro

Am, tam, teß,
Tise, male, preß.
Tise, male, pumperneß,
Am, tam, eß.

Auf den erste Blick scheint dieses Gereimsel wohl nicht wert zu sein, im Drucke festgehalten zu werden. Wenn man aber in die Seele des Kindes blickt und sieht, wie ernst dieses die Abzählreime nimmt, wie es sich an den Lautmalereien erfreut und unbewußt dem "eins, zwei" verschiederlei Gestalt gibt, z.B. am tam, edi wedi, pika poka, disel dusel, angerli wangerli, engeli bengeli usw., wenn man ferner beachtet, daß viele dieser Reime im ganzen deutschen Sprachgebiet wie auch durch lange Zeiträume von den Kindern beim Spiel benützt werden und daß sich auch die fremdsprachigen Kinder in gleicher Weise unterhalten, dann muß man erkennen, daß die Abzählreime ein
V O L K S G U T
sind, das erhalten werden muß, besonders in einer Zeit, in der sich die zotigsten Gassenhauer in allen Schichten der Bevölkerung einnisten.